pakiwash, Lens Dietmar

Illegale Handwäscher bringen Belgische Waschbetriebe zur Verzweiflung

Das Problem der illegalen Handwäscher in Belgien bringt Waschanlagenunternehmer zur Verzweiflung. Lens Dietmar (54) gehört die Waschstraße ‘Dietmar’s Car Cleaning’ in Hever, in der Nähe von Mechelen. Speziell wegen des sogenannten ‘Pakiwash-Problems’ beschloss er Vorstandsmitglied des neuen Belgischen Waschanlagenverbundes BBRV zu werden. Dort geben mehrere Waschanlageneigentümer an dasselbe Problem zu haben. Fachzeitschrift CarwashPro ging zu unseren Nachbarn um herauszufinden, wie groß das Problem eigentlich wirklich ist.

Dietmar möchte das Problem in Angriff nehmen, um seinen Kindern als Waschanlagenunternehmer eine gute Zukunft zu sichern. “Die illegalen Betriebe konkurrieren uns mit ihren unrealistisch billigen Preisen kaputt. Ich habe dort schon einige Mitarbeiter gesprochen, die für ein besseres Gehalt lieber woanders arbeiten würden.”

Die illegale Handwäsche wird in Belgien ‘Pakiwash’ genannt, da die Handwäscher oft Pakistanischer Abstammung sind. Sie dürfen laut Gesetz nur zehn Autos pro Tag waschen, um legal zu handeln. In der Praxis waschen sie meist viel mehr Fahrzeuge und beschäftigen zudem Personal ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung.

Drei in einer Straße

Wenn man nicht aus der Umgebung von Hever kommt, ist die Chance groß, dass man noch nie zuvor von dem kleinen Ort gehört hat. Trotzdem ist sogar hier das Problem der illegalen Handwäscher zu beobachten, und das nicht zu knapp. An einer langen Straße sind bereits drei verschiedene Handwäschereien ansässig.

Lens Dietmar macht mit CarwashPro eine kurze Tour entlang der illegalen Unternehmen in seiner Umgebung und zu einem Ort, wo das Problem noch viel größer ist: Mechelen. Als wir da sind, sehen wir die Polizei sogar einfach an den Handwäschern vorbeifahren ohne einzugreifen. Es ist ziemlich konfrontativ zu sehen, wie einfach es ihnen gemacht wird und an wie vielen Orten sich die Wäscher niedergelassen haben.

Erkennung

Auf den ersten Blick ist das Problem in den Niederlanden unbekannt. Darum machen wir uns in Belgien auf den Weg, um eine Tour entlang der illegalen Handwäscher zu machen. Die verbotenen Betriebe sind in erster Linie schwer zu erkennen, aber mit einigen Hinweisen ist es recht einfach. Dietmar erklärt: “Es ist ein Trend zu beobachten. Oft lassen sich die illegalen Waschbetriebe in der Nähe einer günstigen Tankstelle nieder, in vielen Fällen bei unbesetzten Zapfsäulen. Zudem befinden sich oft Nachtshops in der Umgebung der Waschbetriebe. Diese Kombination sieht man in vielen Orten, auch in Hever.”

Abgesehen von diesem Trend, den wir auch während unserer Tour beobachten konnten, gibt es noch ein auffallendes Merkmal, an dem die illegalen Waschbetriebe zu erkennen sind. “Bei jedem Pakiwash wird ein Caravan abgestellt. In diesem, oft klapprigen Bauwagen, leben die Wäscher mehr oder weniger.” Wenn es keine Kunden gibt, warten die meisten Wäscher drinnen. Auch das können wir auf unserer Tour beobachten. Am Tag unseres Besuches ist das Wetter nicht gut, und vor allem in der Umgebung von Henver ist nicht viel los. Daher warten die Wäscher auch im Caravan auf die Kundschaft.

Gesetze und Regeln

Die Standorte sind laut dem Waschanlagenbetreiber auch nicht rechtens. “Wenn man nur nach dem Gesetz schaut, sieht man das schon. Sie scheren sich nicht um Regeln. Ein Handwaschbetrieb darf laut Gesetz ausschließlich in einem Industriegebiet niedergelassen sein. Doch man sieht sie vor allem in Wohngebieten, zwischen den normalen Häusern. Das stimmt doch schon nicht.”

Dietmar sieht die Handwäscher in seiner direkten Umgebung wie Unkraut aus der Erde schießen. Sie dürfen zwar maximal zehn Autos pro Tag waschen, aber in der Realität, waschen sie diese Anzahl in einer Stunde. “Niemand behält das im Auge.” Wenn es um Sicherheitsvorschriften und Arbeitsverhältnisse geht, scheinen die Unternehmer sowieso keine Vorkehrungen getroffen zu haben. “Sie haben zum Beispiel keine Arbeitsschuhe oder -kleidung.”

Viele der illegalen Betriebe befinden sich in der Nähe einer Tankstelle und eines Nachtshops

Abgesehen von den illegalen Autowäschern hat der Unternehmer nichts gegen Konkurrenz. “Ich gönne jedem das beste und hier ist sicherlich genug Platz für mehrere Waschanlagen. Aber es muss fair bleiben.” Vor allem was die Preise betrifft, knallt es ordentlich zwischen den Handwäschern und den Standorten mit professionellen Waschanlagen.

Dietmar nennt als Beispiel eine kürzlich eröffnete Waschstraße in der Nachbarschaft. “Durch eine Aktion, konnte das Auto für nur 8 Euro gewaschen werden, eine zeitlich beschränkte Aktion. Die Handwäscher, die nur einige hundert Meter von ihm entfernt ansässig sind, senkten ihre Preise auf 7 Euro. Für diesen Preis waschen sie das Auto mit zwei Personen. Das wäre für einen legalen Waschbetrieb niemals rentabel.”

Schmerzlich

Nichtsdestotrotz kommt der Waschunternehmer auch mit den illegalen Wäschern in Kontakt. “Letzen Winter fuhr ich an einem der Betriebe vorbei. Zu meiner Verwunderung standen dort zwei Mitarbeiter in Flip-Flops und wuschen in der Eiseskälte Autos mit der Hand. Auch bei brütender Hitze stehen sie unbedeckt in der glühenden Sonne. In der Winterperiode war einer der Wäscher bei mir. Er wollte eigentlich doch gerne für einen anständigen Betrieb arbeiten.” Dietmar kam mit dem Mann mit Pakistanischer Herkunft ins Gespräch.

So kam er dahinter, dass ein Teil der Arbeiter nur 30 Euro pro Tag verdiente. “Sie arbeiten per Tag insgesamt um die 12 Stunden, sieben Tage die Woche. Morgens werden sie von einem Bus bei ihrem Standort abgesetzt. Am Ende des Tages werden sie wieder abgeholt.” Was dem Unternehmer auch auffiel, war, dass einige der Arbeiter einen Englischen Ausweis hatten. “In England haben die Pakiwäscher schon für viele Probleme in der Autowaschbranche gesorgt. Ein Teil von ihnen ist nun in Belgien. Ich befürchte, dass das Problem hier durch den Brexit bald noch größer wird.”

Es ist unmöglich für solche Preise Autos zu waschen

Im Gespräch mit dem zuvor genannten, unzufriedenen Pakistanischen Wäscher kam auch heraus, in welchen Verhältnissen er lebte. “Von dem sowieso schon sehr mageren Gehalt, dass dieser Wäscher bekommt, muss er auch noch einen ordentlichen Teil abgeben. Für die Wohnung müssen gute 200 Euro bezahlt werden.” Er ist daraufhin selbst zu dem Haus gegangen, wo die Wäscher hingebracht werden, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Was er dort zu sehen bekam, machte ihn wütend. “Die Menschen lebten dort mit 20 Personen und schliefen mit mindestens sieben Personen in einem Zimmer, in einem Häuschen, das für eine kleine Familie noch nicht groß genug wäre.”

Auch aus aktuellen Berichten der Polizei, scheint, dass die illegalen Handwaschbetriebe oft mit Menschenhandel einher gehen. Die Polizei führte Kontrollen durch, und bei mindestens einer der Betriebe schien dies zuzutreffen. Dieser Betrieb wurde sofort geschlossen. Dietmar machte so eine Schließung schon eher mit.

“Das frappierende ist, dass nach einigen Wochen meist ein anderer Handwaschbetrieb in der Gegend auftaucht. Menschen, die illegal angestellt waren, bekommen von der Polizei ein Schreiben, in dem sie aufgefordert werden innerhalb einer bestimmten Anzahl Tage das Land zu verlassen. Aber das passiert nicht. Manche haben schon zehn dieser Aufforderungen. Es gibt keine Handhabung.”

Kontrolle

Vor einiger Zeit kamen einige Inspekteure von verschiedenen Behörden zur Kontrolle bei Dietmar’s Car Cleaning. “Wir müssen uns an so viele Gesetze und Regeln halten, und das tun wir auch. Ich war daher froh, dass sie zur Kontrolle kamen.” Er war der Annahme, dass sich die Inspekteure alle Waschbetriebe anschauen würden, also auch die Handwaschbetriebe. “Sie wunderten sich schon, dass ich so froh war. Das änderte sich, als die Inspekteure angaben, lediglich alle Waschstraßen zu kontrollieren, jedoch nicht die Handwaschbetriebe.”

Dietmar kam vor einiger Zeit mit einem der Handwasch-Betreiber ins Gespräch. “Da stand ein Mann in meiner Waschanlage. Der wollte mich sprechen.” Der Mann klopfte gleich große Sprüche. “Ich komme, um Ihre Waschanlage zu kaufen.“ Ich erzählte ihm, dass das möglich sei, für 10 Millionen Euro. Da wurde er böse und verschwand schnell. Man kann hieran sehen, dass sie sich weiter organisieren. Sie geraten unter Druck und probieren nun legales Terrain zu betreten. Kürzlich verkaufte ein Kollege seinen Waschbetrieb an einen Pakistani. Sein Roll-Over wurde abgerissen und durch einen Handwaschbetrieb ersetzt.”

Unverschämt

Dietmar ist nun besorgt, weil er in Kürze Urlaub macht. Letztes Jahr versuchte einer der illegalen Handwäscher ihn auszutricksen. “Als ich aus dem Urlaub zurückkam, war mein Urlaubsgefühl sofort wieder verschwunden. Sie hatten kurz vor meiner Waschstraße ein Schild hingestellt und darauf geschrieben: Handautowäsche 1 Minute, und ein Pfeil dazu gemalt. Wie wenn wir sie dort hinschicken würden.” Besucher, die auf das Terrain von Dietmar’s Car Cleaning fuhren, bekamen das Schild schnell zu Gesicht. Es machte daher den Anschein, als ob, der Waschanlagenbesitzer seine Kunden in seinem Urlaub zu den Handwäschern verwies.

Doch er verlor nicht nur Kunden durch das Schild. Während seines Urlaubes beschloss der illegale Konkurrent seine Preise zu drücken. “Bei jedem in der Umgebung lag ein Flyer im Briefkasten: Why you pay more, Sommeraktion 4,99 Euro statt 9 Euro. Natürlich ein total absurder Preis. Da kann man kein Auto für waschen.” Durch die Aktion verlor er den preisbewussten Teil seiner Kunden. “Wir können mit den Kosten, die wir haben, die Maschinen nicht für diesen Betrag laufen lassen. Das Problem muss gelöst werden. Ich möchte, dass meine Kinder den Betrieb übernehmen, einen guten Betrieb, in einem ehrlichen Markt.”

Autor: Thom Mandos

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